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Im südafrikanischen Weinbau gibt es die Klassik und die Moderne. Stellenbosch ist definitiv der Klassik zuzuordnen. Das liegt nicht nur daran, dass Stellenbosch nach Kapstadt die zweitälteste Siedlung Südafrikas und nach Constantia auch das zweitälteste Weinbaugebiet ist, aber es hat durchaus etwas damit zu tun. In Stellenbosch jedenfalls hält man Tradition bis heute hoch. Das spürt man unmittelbar, wenn man den Ort betrachtet, dermit seinen historischen Gebäuden und den weiß getünchten Giebelhäusern im Kap-Stil inzwischen ein Touristenmagnet geworden ist. Der Ort repräsentiert wie kaum ein anderer am Kap das weiße Südafrika. Auch wenn die Weine aus Stellenbosch heute unterschiedlicher sind, als man vielleicht erwartet – immerhin gibt es sieben Sub-Regionen, sogenannte Wards, auf 17.000 Hektar Fläche –, assoziiert man mit Stellenbosch bisher vor allem rote Bordeaux-Blends mit einer besonderen südlichen Reife.

Hier schlägt das Herz des südafrikanischen Weinbaus

Eine der wichtigsten Institutionen der Stadt ist die University of Stellenbosch,an der schon 1917 das Department of Viticulture and Enology gegründet wurde, in dem fast alle südafrikanischen Weinmacher ausgebildet wurden und das auch in Afrika in der Forschung führend ist. Diese Einrichtung ist dassüdafrikanische Pendant zur UC Davis in Kalifornien oder zur Hochschule Geisenheim. 1995 wurde zusätzlich das Institut für Weinbautechnologie gegründet, und etwas außerhalb liegt das Cape Institute for Agricultural Training Elsenburg, das mittlerweile ebenfalls eine wichtige Ausbildungsstätte für südafrikanische Winzer geworden ist. Ebenso bedeutend für den Ort wie auch für das gesamte Weinland ist die KWV, die 1918 als Koöperatieve Wijnbouwers Vereniging van Zuid-Afrika gegründet wurde. Sie vermarktet einen bedeutenden Teil der in über 100 Länder exportierten südafrikanischen Weine und Branntweine.

Aufstieg, Fall und Wiederaufstieg

Südafrika wurde im 17. Jahrhundert von Niederländern besiedelt, weil die Bucht des heutigen Cape Town der ideale Ort für die Schiffe der Niederländischen Ostindien-Kompanie war, um ihre Vorräte aufzufüllen, bevor es um Kap Horn und weiter Richtung Asien ging. Die Kompanie war damals mit rund 4.700 Schiffen das mit Abstand größte Speditions-Unternehmen der Welt. Nach der Gründung von Kapstadt, wo Südafrikas Gouverneur Jan van Riebeeck 1652 die ersten Rebstöcke setzen ließ, folgte unter dem nächsten Gouverneur, Simon van der Stel, die Ausweitung des Weinbaus. Zunächst geschah das in Constantia, einem Vorort von Kapstadt, später auch im Hinterland, nachdem die Niederländer 1677 im dritten Khoikhoi-Niederländischen Krieg die einheimischen Stammeskrieger, die sie Hottentotten nannten, besiegt hatten. Dazu gründete van der Stel das Dörfchen Stels Busch, das zu Stellenbosch wurde. Was mit einigen wenigen Pflanzen begann, weitete sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts auf vier Millionen Rebstöcke aus. Mit der Machtübernahme der Engländer wurde das Weinbaugebiet noch weiter ausgedehnt, bis die Reblaus Ende des 19. Jahrhunderts auch in Südafrika zuschlug. Doch nicht nur die Reblaus, sondern auch die Apartheid zerstörte zunehmend den Weinbau. Stellenbosch hatte lediglich das Glück, dass die historischen Landsitze und Stadthäuser unter reichen Südafrikanern so beliebt waren, dass sie erhalten blieben und in Teilen auch weitergeführt wurden. Mit dem offiziellen Ende der Apartheid im Jahr 1992 erlebte der gesamte südafrikanische Weinbau und speziell auch der in Stellenbosch einen rasanten Wiederaufstieg. Geld war vorhanden, Einfuhrverbote südafrikanischer Waren wurden in vielen Ländern aufgehoben, und es herrschte so etwas wie Goldgräberstimmung – auch wennder Rand, die südafrikanische Währung, bis heute so schwach ist, dass die Weine unter Wert exportiert werden. Heute gibt es 12.200 Hektar Weinberge in Stellenbosch, dem bekanntesten Anbaugebiet Südafrikas. In den 2000er Jahren waren es mit 17.000 Hektar aber auch schon deutlich mehr. In ganz Südafrika hat sich die Anbaufläche zwischen 2012 bis 2022 um 10,7 % verringert.

Das Terroir von Stellenbosch

Ursprünglich standen die meisten Reben rund um Stellenbosch in der fruchtbaren Ebene. Doch der Ort hat sich von früher ca. 150 Einwohnern auf 19.000 vergrößert, und es sind mehrere Vororte dazugekommen, sodass in der Ebene heute 77.000 Einwohner leben. Das hatte zur Folge, dass die Weinberge immer weiter an den Rand gedrängt wurden. In diesem Falle waren diese Auswirkungen eher positiv; denn die Reben waren in der Ebene zu intensiv versorgt, um wirklich gute Qualitäten erreichen zu können. In den Hügeln mit ihren verschiedenartigen Gesteinsmischungen gibt es dafür viel bessere Möglichkeiten. Zudem bietet die unterschiedliche Ausrichtung der Hänge den Trauben oft mehr Schutz vor zu viel Sonneneinstrahlung, und die Meeresbrisen aus der nahe gelegenen False Bay erreichen die Reben in den Hügeln direkter als im Flachland. In den letzten Jahren hat man zudem immerstärker den europäischen Terroirgedanken aufgegriffen, umfangreiche Bodenanalysen unternommen und den Rebsortenspiegel entsprechend angepasst. Hinzu kommt, dass erst in den letzten 15 Jahren vor allem durch das international bekannt gewordene Old Vine Project ein Gefühl dafür entstanden ist, das alte Reben durchweg bessere Weine hervorbringen als junge, auch wenn sie weniger Ertrag liefern.

Die wichtigste Bodenformation ist der Sandstein des Tafelbergs und der Stellenbosch Mountains, des Helderbergs und des Simonsbergs, in den sich brauner und roter Lehm, Kalkstein und Granit sowie Schieferverwitterungsgestein mischen können. Bis heute dominiert der Cabernet Sauvignon mit knapp 3.000 Hektar vor Sauvignon Blanc mit 2.000 Hektar, Syrah mit rund 1.800 Hektar sowie Merlot, Chenin Blanc und Chardonnay. Dazu gibt es Pinotage, Cabernet Franc, Pinot Noir und Cinsaut sowie Colombard, Sémillon und Hanepoot (Muscat d’Alexandrie).

Die Wards

Die Weinberge Stellenboschs teilen sich in sieben Unterdistrikte, die in Südafrika Wards genannt werden. Weit nördlich liegt der Simonsberg-Stellenbosch-Ward an den Hängen des Simonsbergs, der von rötlich braunem Lehm und Granitverwitterungsgestein geprägt ist. Cabernet Sauvignon dominiert hier vor Sauvignon Blanc, Merlot, Syrah, Chardonnay und Pinotage.

Etwas weiter südlich Richtung Franschhoek liegt der Ward Banghoek, was so viel heißt wie die „Ecke, bei der einem angst und bange wird“, weil es dort früher viele wilde Tiere gab. Heute ist der Ward vor allem deshalb interessant, weil es dort etwas kühler und feuchter ist als in den anderen Wards, was wegen des Klimawandels von Vorteil ist. Im Banghoek Valley findet man vor allem Granit und rote Tonerde. Gepflanzt ist vor allem Cabernet und Chardonnay.

Südöstlich von Stellenbosch liegt das Jonkershoek Valley, wo es viel Niederschlag gibt. Die Böden sind vielfältig, aber vor allem von Granitverwitterung geprägt. Ähnlich wie im Banghoek Valley ist auch dieses Tal recht eng, sodass es vergleichsweise kühl bleibt, und die Reben, die auf bis zu 600 Metern Höhe stehen, für frische und elegante Frucht sorgen.

Weiter südlich liegt das sogenannte Golden Triangle von Stellenbosch. Es ist der Ward Helderberg, der sich von Somerset West zum Helderberg und den Stellenboschbergen als Dreieck erstreckt. Dort findet man einige der ältesten Weingüter vom Kap. Die Ausläufer vom Stellenbosch Mountain sind vor allem von Schiefer geprägt, die nördlichen Hänge des Helderbergs von Granit und Sandstein, wo exzellenter Syrah und Chardonnay auf bis zu 650 Metern Höhewachsen. Im Westen und Südwesten der Stadt Somerset West liegen die Weinberge überwiegend auf Schieferverwitterungsböden. Dort entstehen einige der großen Rotweine von Stellenbosch.

Östlich von Stellenbosch liegen die Wards Papegaaiberg und Devon Valley. Papegaaiberg ist der einzige Ward, in dem weiße Rebsorten wie Chardonnay, Chenin Blanc und Sauvignon Blanc dominieren. Im Devon Valley ist es hingegen der Cabernet Sauvignon.

Ein weiterer noch zu erwähnender Ward ist Stellenboschkloof auf der Südseite der Bottelary Hills und unweit der Polkadraai Hills. Durch ihn führtedie erste Straße von Kapstadt nach Stellenbosch. Dort reifen vor allem Chenin Blanc und Chardonnay, aber auch Cabernet in den rötlichen und gelben Tonböden auf Granit-Untergrund.

Der Weinbau am Kap ist mittlerweile von einer großen Vielfalt geprägt. Früher hat man fast ausschließlich Stellenbosch und Constantia wahrgenommen. Heute sind auch Weine aus Swartland, Franschhoek oder Hemel-en-Aarde präsent, um nur einige Appellationen zu nennen. Dort ist besonders die junge Winzergeneration tätig. Stellenbosch aber ist nach wie vor ein wichtiger Hort der klassischen französisch inspirierten Weine Südafrikas.